Spielregeln

spielregelnMEmma Theater Osnabrück, Premiere 15. Oktober 2005

Knapper bemessen hätte die Zeit kaum sein können, in der Marco Santi im Sommer überraschend das Osnabrücker Tanztheater übernehmen, ein neues Ensemble finden und eine erste Produktion auf die Beine stellen musste. Umso erstaunlicher der atmosphärisch ganz eigene Kosmos, in den er gleich für seine erste Choreografie “Spielregeln” entführte. Santi zog sein Publikum gleich einmal heraus aus der klassischen Frontal-Sitzordnung – und mitten hinein in in eine Dramaturgie, die den Spannungsaufbau von Alfred Hitchcocks Filmen widerspiegelte. Ein Stockwerk abwärts marschieren die Zuschauer im emma-theater, um dort sanft von einem übel verschnürten Mann und einem gegen eine Fensterscheibe klatschenden Frauenleib erschreckt zu werden. Ganz langsam rutscht das geplättete Fleisch am Glas herunter: die berühmte Hitchcock-Drastik gleich als Ouvertüre. Geisterhaft blau in einer der Hitchcock-Farben schimmert der Becher, mit dem ein Tänzer die Besucher die Bühnentreppe hinaufgeleitet. Das Fernglas aus “Fenster zum Hof” steht in Stellung in Manuela Geislers sinnreichem Bühnenbild. Oben auf dem Orientteppich liegt verrenkt eine Frauenleiche. Auf dem roten Samt mehrerer Glasvitrinen prangt feinstes Krimi-Zubehör: Küchenmesser, blonde Perücke oder Gift-Mörser. Unheilverkündend keckern die Krähen aus dem Anfang des Albtraumschockers “Die Vögel”. Doch “Suspense” will sich kaum einstellen, obwohl es oben auf der Beleuchtungsbrücke verdächtig knackt. Zumal hier niemand allein ist, eine sich bewegende Besuchergruppe “schützt” und lenkt ab.”

Choreographie: Marco Santi
Komposition und Sounddesign: Roderik Vanderstraeten
Bühne: Manuela Geisler
Kostüme: Marco Santi und Manuela Geisler
Dramaturgie: Katja Prussas

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